Bericht Augenzeuge


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Vielen Dank an Herrn Fuhrmann, der mir seinen Bericht freundlicherweise zukommen ließ.

Thema: Amoy Ausflugsreise nach Bagenkop im Jahre 1929 -Unwetter auf See-
Datum: 05.11.02
An: julius.piel@t-online.de

Es war das Jahr 1929 als ich in den Sommerferien als Schuljunge mit meinen Eltern in Heiligenhafen weilte. Wir hatten unser Quartier bei der damaligen Familie Brand auf dem Sundweg 8. Wir hatten damals vorwiegend gutes Wetter, so dass wir täglich zum Strand auf dem Steinwarder mit einem kleinen Fährboot übersetzen konnten. Eine direkte Landverbindung gab es damals noch nicht.
Als Kapitän Plambeck eine Ausflugsfahrt nach Bagenkop (lnsel Langeland) ausgeschrieben hatte, buchten meine Eltern diese für 4 Personen (mit uns war noch eine Bekannte meiner Eltern nach Heiligenhafen mitgereist. Doch plötzlich meldete der Wetterdienst eine Wetterverschlechterung, dass wir annehmen mussten, dass die Fahrt nicht stattfinden würde. Doch Käpten Plambeck lief mit der "AMOY" dennoch mit 25 Passagieren aus. Begleiter war noch ein Musiker mit dem Schifferklavier der uns mit flotten seemännischen Klängen unterhielt.
Bis Fehmarn verlief die Fahrt störungsfrei,doch dann kam plötzlich starker Sturm mit Gewitter und starken Hagel-und Regenschauern auf und die "AMOY" wurde durch immer höher werdende Wellen besorgniserregend hin-und hergerissen. Schliesslich waren dann die Mehrzahl der Fahrtteilnehmer seekrank und auch der Musiker an Bord hatte wegen Seekrankheit sein Spiel eingestellt. Lediglich meine Eltern und ich merkten nichts von Seekrankheit,mussten uns bloss die befallenen Passagiere ansehen.
Erwähnen muss ich dabei noch, dass die "AMOY" keine schützende Kajüte hatte, wo man vor dem Hagel und Regen Unterschlupf finden konnte. Die offenen Sitzplätze waren nur seitlich vorhanden und im mittleren Teil des Schiffes um den Schiffsmast herum.
Anfangs waren wir noch mit Windkraft und vollen Segeln vorangekommen, doch als der Sturm aufkam zog man die Segel ein und die Passagiere konnten darunter Schutz finden. Man hörte da und dort Stöhnen und Schreie wie - ich stürze mich ins Meer oder mir reisst es das Herz raus. Der Sturm flaute schliesslich ab und Langeland tauchte in der Ferne mit seiner Steilküste an der Südspitze auf. Sofort wurde es bei dem Ruf "Land in Sicht" wieder lebhaft auf der "AMOY" und die Seekrankheit war vergessen.
Schliesslich liefen wir in den Hafen von Bagenkop ein.und alle gingen munter von Bord um den Ort zu erkunden. Nach einem Aufenthalt von ca. 3 Stunden ging es wieder an Bord und mehrere Personen wollten die Rückfahrt nicht antreten aus Furcht vor einem weiteren Unwetter und überlegten, ob man nicht kürzer über den Landweg über das dänische Festland nach Heiligenhafen zurückkehren könnte, doch Käpten Plambeck beruhigte sie und sie gingen alle wieder an Bord. Wir nahmen bei der Rückfahrt noch ein kleines Segelboot in Schlepp, weil der Segler allein die Rückfahrt nicht wagte.
Ansonsten war die "AMOY" nur mit einem kleinen Rettungsboot ausgestattet, dass im Notfall nur wenige Personen darin Platz gefunden hätten.
Die Rückfahrt verlief ruhig, doch man lief in den Hafen von Heiligenhafen stark verspätet bei Dunkelheit wieder ein. Käpten Plambeck hatte noch kurz vor dem Einlaufen eine chinesische Flagge gehisst, die er bei seinen früheren Seereisen auf grösseren Pötten aus China mitgebracht hatte.
Am Kai hatte sich schon eine grössere Menschenmenge eingefunden - um die Rückkehrer zu begrüssen - da man das Schlimmste befürchtet hatte.- Die "AMOY" hat sich im Unwetter tapfer behauptet und hat uns alle gut wieder in den Heimathafen zurückgebracht.
Ich habe in den vielen Jahren oft an diese abenteuerliche Reise gedacht und fand eines Tages eine alte Postkarte vom Hafen in Heiligenhafen in meinen Unterlagen wieder auf der dieses Schiff zu sehen ist. Ich versuchte danach etwas über den Verbleib der "AMOY" zu erfahren und startete schliesslich eine Anfrage per e-Mail.
Es dauerte nicht lange und und der heutige Besitzer des Schiffes Herr Piel in Orth auf Fehmarn meldete sich. -Herr Piel kann auf dieses Schiff stolz sein und ich wünsche ihm und seiner Familie noch viele Fahrten mit der "AMOY" ‚vielleicht ist es mir vergönnt, die "AMOY" nach so vielen Jahren mal wiederzusehen.

Dienstag, 5. November 2002 AOL: HFHeinzfuhrmann